Was ist das?
Ketamin (auch “K”, “Keta”, “Special K” oder “Vitamin K” genannt) ist ein Narkose- und Schmerzmittel, das auch in der Medizin benutzt wird. Seit 2019 ist S-Ketamin als Nasenspray (Spravato®) zur Behandlung von sonst therapieresistenten Depressionen und der Akutbehandlung von psychiatrischen Notfällen im Rahmen von Depression in der EU zugelassen. Ketamin kann sowohl aus medizinischer als auch aus privater/illegaler Herstellung stammen.
Ketamin kann in verschiedenen Formen auftreten:
- als klare, flüssige Lösung aus medizinischer Herstellung
- als Nasenspray aus medizinischer Herstellung
- als weißliches oder gelbliches, kristallines Pulver
- seltener als Pille
Es gibt zwei verschiedene chemische Formen von Ketamin: Ketamin (Racemat) und S-Ketamin. S-Ketamin wirkt doppelt so stark wie Ketamin und sollte nur halb so hoch dosiert werden.
Ketamin (Racemat) (z.B.Handelsname Ketanest®) | S-Ketamin (z.B. Handelsnamen Ketanest-S® oder Ketamin-S®) |
1:1 Gemisch aus S-Ketamin und R-Ketaminweniger stark als S-Ketamin | wird aus Ketamin gewonnen, indem R- und S-Ketamin getrennt werdendeutlich stärkere betäubende und schmerzstillende Wirkungerzeugt seltener unangenehme Halluzinationen oder Albträume |
Illegal gehandeltes Ketamin unterliegt oft starken Schwankungen im Wirkstoffgehalt und kann mit weiteren Substanzen und Streckmitteln versetzt sein. Auch augenscheinliche medizinische Produkte können verändert oder gestreckt sein.
Wie wird es eingenommen?
Ketamin kann im Getränk aufgelöst oder als “Bombe” geschluckt, gesnieft und gespritzt werden. In der Regel wird Ketamin in Pulverform gesnieft oder geschluckt.
Für alle Dosisangaben gilt: S-Ketamin sollte nur halb so hoch dosiert werden!
Gesnifft:
Die Wirkung tritt nach ca. 5-15 Minuten ein und hält ca. 60 Minuten an. Nacheffekte (Schwächegefühl) können noch 1-3 Stunden nach dem Konsum anhalten.
Dosierung: Eine gängige Dosis beträgt ca. 0,3 bis 0,4 mg pro kg Körpergewicht.
Eine Überdosierung kann ab 2 mg pro kg Körpergewicht erfolgen.
Geschluckt:
Der Wirkungseintritt kann je nach Mageninhalt 20 Minuten dauern und hält ca. 90 Minuten an. Nacheffekte können noch 4-8 Stunden nach dem Konsum anhalten.
Dosierung: Eine gängige Dosis beträgt 1,2 bis 1,5 mg pro kg Körpergewicht.
Eine Überdosierung kann ab 5mg pro kg Körpergewicht erfolgen.
Geslammt:
Es sollten möglichst nur arzneilich verfügbare Lösungen gebraucht werden.
Die Wirkung tritt unmittelbar ein, Wirkdauer beträgt 30-60 Minuten. Nacheffekte können noch 2-4 Stunden lang anhalten.
Dosierung: Eine gängige Dosis intravenös liegt ca. 0,6 mg pro kg Körpergewicht.
Bei intramuskulärem Konsum ca. 0,9 mg pro kg Körpergewicht.
(Angaben von: Ketamin | drugscouts.de)
Wie fühlt es sich an?
Jede Substanz wirkt bei jedem Menschen unterschiedlich. Die Wirkung von Ketamin ist dabei von persönlichen Faktoren abhängig (Körpermasse, Gewöhnung, Getränkeart, aufgenommene Menge, auf vollen oder leeren Magen, …). Eine wichtige Rolle spielt das Setting sowie deine psychische und physische Verfassung.
Beim Konsum illegal hergestellter Substanzen ist in der Regel nicht bekannt, wie viel Wirkstoff in einer Droge oder Teilen davon vorhanden ist. Das erschwert eine genaue Dosierung und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass du Wirkungen erlebst, die du nicht beabsichtigt hast.
Wenn du Ketamin nimmst, kann sich das so anfühlen:
- Euphorie
- Rauschgefühl
- Betäubung
- Geringeres Schmerzempfinden
- Veränderte Wahrnehmung
- Halluzinationen
- verminderte Körperkontrolle, Lähmung
- Eindruck, dass dein Körper und Geist sich trennen (Dissoziation, Ich-Auflösung)
- Visionen, Halluzinationen, Träume
- Gefühl aus dem eigenen Körper herauszutreten oder tief in einem Loch zu sein (“K-Hole”)
Im K-Hole kannst du deine Umgebung noch (eingeschränkt) wahrnehmen, jedoch deinen Körper nicht mehr kontrollieren. Mit bloßen Augen ist von außen nicht zu unterscheiden, ob jemand im K-Hole ist, schläft, vorübergehend bewusstlos ist oder es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall handelt.
Neben- und Langzeitwirkungen
Wenn du Ketamin nimmst, können diese Nebeneffekte auftreten:
- Erhöhter Puls
- Übelkeit, Erbrechen
- verlangsamte Atmung
- Einschränkung der Beweglichkeit, Lähmung
- emotionales Empfinden ist gedämpft
- Starke Benommenheit
- Bewusstlosigkeit
- Ängste (z.B: durch Erleben des “K-Hole”)
- Nahtod-Erlebnisse
Nach dem Konsum ist es wahrscheinlich, dass du dich einige Zeit körperlich schwach fühlst. Außerdem kann es sein, dass du dich nicht mehr an alles erinnern kannst.
Wenn du über einen längeren Zeitraum dauerhaft konsumierst, treten langfristige Nebeneffekte zunehmend in den Vordergrund. Dazu können folgende gehören:
- Funktionsstörungen und Erkrankungen der Harnwege (wie Blasenentzündungen)
- Magen-Darm-Beschwerden
- Unkonzentriertheit, Gedächtnisstörungen
- Depression oder anderen psychische Erkrankungen
- Es wird angenommen, dass langfristiger und hochdosierter Ketamin-Konsum dauerhafte Organschäden verursachen kann.
Überdosierung
Folgen einer Überdosis Ketamin sind:
- Lähmungen, Krampfanfälle
- Spontane Bewusstlosigkeit (teils mit offenen Augen)
- verlangsamte Atmung bis hin zum Atemstillstand (ggf. auch bei Intravenösem Konsum)
- epileptische Anfälle
- Koma
- Erleben todesähnlicher Zustände
Der Konsum von Ketamin scheint schon zu Todesfällen geführt zu haben. Inwiefern dabei weitere Substanzen oder Verunreinigungen eine Rolle spielten, ist nicht bekannt.
Bei augenscheinlicher Bewusstlosigkeit ist es von außen nicht möglich zu unterscheiden, ob die Person gerade im K-Hole ist, bloß schläft oder es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall handelt. Leiste erste Hilfe, beobachte die Atmung und bleibe bei der Person. Hole dir medizinische Hilfe und rufe einen Rettungswagen 112!
Leitfaden erste Hilfe im (Drogen-)Notfall.
Weitere Informationen zu Erste Hilfe bei Chemsex-Notfällen findest du hier .
Du kannst dich auch an folgende Stellen wenden:
Drogennotfall-Telefon: 01806 313031 (24 Stunden) Drogennotdienst: 030 19237 (24 Stunden)
Mischkonsum
Grundsätzlich gilt: Wenn du mehrere Substanzen gleichzeitig nimmst, belastet das deinen Körper und deine Psyche stärker. Dabei können einzelne Wirkungen verstärkt, abgeschwächt oder zeitverzögert auftreten. Die Wahrscheinlichkeit von Überdosierung oder Nebenwirkungen ist nicht berechenbar.
- Ketamin + Alkohol, GHB/GBL, Heroin, Benzos oder Neuroleptika: Kombination möglichst vermeiden. Hohes Risiko der Atemlähmung, Atemstillstand!
- Ketamin + Upper/Stimulanzien, z.B. Speed, Crystal Meth oder Kokain: Herz-Kreislauf-Belastung steigt extrem. Die Kombination von aufputschenden und beruhigenden Substanzen wird meist als unangenehm erlebt; Stimulanzien erhöhen den Bewegungsdrang – in Kombination mit der Lähmung und verminderten Körperkontrolle aufgrund von Ketamin kann es schnell zu Unfällen oder Verletzungen kommen.
- Ketamin + MDMA: Die Wirkweise beider Substanzen arbeiten gegensätzlich (Sinneswahrnehmungen betäuben + verstärken). Bei hoher Dosis Ketamin wird die Kombination als sehr unangenehm beschrieben.
Suchtpotenzial und Entzug
- Beim Konsum von Ketamin entwickelt sich schnell eine Toleranz. Das bedeutet, dass du immer mehr nehmen musst, um die gleiche Wirkung zu spüren.
Mit längeren Konsumpausen kannst du einem Gewöhnungseffekt entgegenwirken. - Es ist möglich, eine psychische Abhängigkeit zu entwickeln – wenn du täglich konsumierst, erhöht das die Wahrscheinlichkeit.
- Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass Ketamin eine körperliche Abhängigkeit verursacht.
- Wenn du deinen Konsum nach einer langen Zeit beendest, wirst du wahrscheinlich ein starkes Verlangen nach der Droge verspüren. Zudem können psychische Symptome wie Depression, Angstzustände, Nervosität, Schlafstörungen auftreten.
- Einige Langzeit-Nutzer*innen berichten von körperlichen Symptomen wie motorischen Beeinträchtigungen, Zittern, Schwindel und Erschöpfung nach Beendigung des Konsums.
- Der selbstorganisierte „kalte“ Entzug oder kontrollierte Konsum (ohne medizinische Rücksprachen und Betreuung) kann körperlich und psychisch belastend sein. Informiere dich, welche Krankenhäuser in deiner Nähe einen medizinisch begleiteten Entzug/eine Suchttherapie anbieten und hole dir Unterstützung.
Safer Use
- Nutze, wenn möglich, Drugchecking-Angebote oder teste eine zuerst kleine Menge an. Illegal gehandeltes Ketamin unterliegt oft starken Schwankungen im Wirkstoffgehalt und kann mit weiteren Substanzen und Streckmitteln versetzt sein. Das erschwert genaues Dosieren und macht es unmöglich, vorherzusagen, wie die Wirkung sein wird.
- Wenn du Ketamin schluckst, kann die Wirkung stark verzögert eintreten. Warte ab, bis sich die Wirkung entfaltet und lege nicht nach!
- Miss deine Dosis immer selbst ab. Übertrage die Verantwortung dafür nicht an andere. So behältst du garantiert die Übersicht.
- Es ist niemals okay, anderen Menschen ohne deren Wissen und Einverständnis Substanzen zu verabreichen! Du gefährdest damit das Leben der Person und machst dich strafbar. Wenn du so eine Situation beobachtest, hole dir Hilfe bei anderen und schütze die betroffene Person.
- Warte mindestens eine Stunde nach dem Essen, bevor du Ketamin nimmst. Es kann vermehrt zu Übelkeit kommen. Im Zustand des Vollrauschs verlierst du die Kontrolle über deinen Körper. Im Falle von Erbrechen kann es leichter passieren, daran zu ersticken.
- Im Ketamin-Vollrausch sollte auf keinen Fall gegessen oder getrunken werden. Ketamin stört die Motorik des Mund- und Rachenraums. Es kann zu Verschlucken oder Verkrampfen im Kehlkopf kommen – Erstickung, Atem- oder Herzstillstand sind mögliche Folgen.
- Konsumiere in Begleitung von Personen, denen du vertraust. Idealerweise ist eine nüchterne Person dabei, die im Notfall Hilfe leisten kann. Beim Konsum von Ketamin sind Narkosezustände wahrscheinlich; das bedeutet, dass du den Bezug zur Realität verlierst, und dich kaum oder gar nicht bewegen oder sprechen kannst.
- Achte auf eine ruhige und vertraute Umgebung. Aufgrund der betäubenden Wirkung von Ketamin handelt es sich um keine Partydroge. Der Konsum sollte grundsätzlich geplant und vorbereitet werden.
- Verhalte dich unter Ketamin-Einfluss möglichst ruhig. Aufgrund fehlender Körperkontrolle kann Bewegung (z.B. Tanzen) schneller zu Unfällen und Verletzungen führen. Verletzungen werden zudem eher falsch eingeschätzt, da das Schmerzempfinden fehlt.
- Eine Ketamin-Erfahrung kann anstrengend sein. Plane dir ausreichend Zeit zur Verarbeitung des Erlebten und Erholung nach dem Konsum ein.
- Wenn du dich unsicher oder unwohl fühlst, verzichte auf den Konsum. Die Halluzinationen und Wahrnehmungsveränderungen unter Ketamin können sehr intensiv sein und als belastend empfunden werden.
- Konsumiere nicht bei Bluthochdruck, Herzstörungen, grünem Star, Epilepsie, Depressionen, Schilddrüsenüberfunktion, Angina Pectoris oder (latent) vorhandenen Psychosen.
- Vermeide Mischkonsum mit Alkohol und Benzodiazepinen, GHB, Heroin oder Tilidin, da all diese Substanzen das Atemzentrum dämpfen. Es besteht die Gefahr des Atemstillstandes.
- Unterlasse verantwortungsvolle Tätigkeiten unter Einfluss von Ketamin (z.B. Auto-/Fahrradfahren). Unter Ketamin-Einfluss solltest du nicht baden oder schwimmen gehen – Gefahr des Ertrinkens.
Safer Sex
- Ketamin entspannt die Muskulatur am Arsch, weswegen es gerne zum Fisten genutzt wird. Ketamin vermindert das Schmerzempfinden. Bei verletzungsträchtigen Sexpraktiken können Verletzungen auftreten, was das Risiko steigert, sich mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (insbesondere Hepatitis) anzustecken.
- Ketamin kann enthemmen und dazu führen, dass du im Rausch weniger auf saferen Sex achtest. Dabei steigt das Infektionsrisiko mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen.
- Sex und Ketamin funktioniert nur bei gegenseitigem Einverständnis und großem Vertrauen. Klärt im Vorfeld ab, welche Sexpraktiken von beiden gewollt sind und welche nicht.
- Konsumiere nur so viel, dass du dich wehren kannst oder die Abwehrsignale deiner Partner*innen noch erkennst.
- Habe nur Sex mit Personen, die ihren Willen äußern können! Wenn eine Person so high ist, dass sie nicht mehr in der Lage ist, sich zu unterhalten, ist sie auch nicht einwilligungsfähig. Unter keinen Umständen dürfen an ihr (weiter) sexuelle Handlungen vorgenommen werden. Das gilt auch, wenn zuvor bei Bewusstsein gemeinsame Absichten besprochen wurden. Es handelt sich um eine Straftat.
- Bevor es zur Sache geht, legt euch ausreichend Safer-Sex-Utensilien (Handschuhe, Kondome, Gleitgel) bereit.
- Lasse dich mindestens einmal im Jahr auf sexuell übertragbare Infektionen testen und checke deinen Impfstatus gegen Hepatitis A/B.
- Bemerkst du Auffälligkeiten an deinem Penis, deiner Vulva/deinem Fronthole oder am Po, solltest du dein*e Ärzt*in aufsuchen.
Wechselwirkungen HIV-Therapie
- Booster-Medikamente (Norvir®, Tybost®) verlangsamen den Abbau von Ketamin. Dies kann dazu führen, dass Ketamin stärker oder länger wirkt und vermehrte Nebenwirkungen hervorrufen.
- Nimm Drogen und HIV-Medikamente zeitlich versetzt ein. Das mindert ggf. Wechselwirkungen etwas ab. Dosiere Drogen bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten immer niedrig.
- Oft wird die Nacht lang – nimm ausreichend Medikamente mit und halte deine Einnahmezeitpunkte ein.
- Sprich mit deine*r Ärzt*in über die Wechselwirkungen deiner HIV-Medikamente mit Rauschmitteln.
- Hinweise zu Wechselwirkungen von Substanzen und HIV-Medikamenten findest du hier.
Beratung
- Du möchtest dich über deinen Konsum austauschen, hast Fragen oder suchst Unterstützung zum Thema Substanzgebrauch?
- Du willst deine Erlebnisse unter Substanzen mit jemandem teilen und/oder reflektieren?
- Du hast das Gefühl, dass du zu viel konsumierst?
- Du sorgst dich um Freunde oder Bekannte und wünschst dir Beratung oder Tipps, wie du als Freund*in damit umgehen kannst?
- Du hast das Gefühl, dass du zuviel konsumierst? Die Drogenberatung in deiner Nähe hilft dir gerne weiter!
Quellen:
- Ketamin – sauber drauf! mindzone.info
- Ketamin | drugscouts.de
- Ketamin – ein Narkosemittel als Partydroge „Special K“ | Die Techniker (tk.de)
- Ketamin – drugcom
- Ketamin (chemie.de)Harm related to recreational ketamine use and its relevance for the clinical use of ketamine. A systematic review and comparison study: Expert Opinion on Drug Safety: Vol 21, No 1 (tandfonline.com) “It has been noted that ketamine, when used chronically and daily in higher doses, may result in neurotoxicity with impaired cognition (memory, learning, and executive functions), cystitis (‘ketamine bladder’) and a phenomenon known as ‘K cramps,’ consisting of symptoms ranging from vague to intense abdominal pain [23–28] and urological toxicity [29].