Leitbild
Die SP5 haben sich auf ihrem Treffen vom 8.11.2007 auf ein gemeinsames Leitbild geeinigt. Dieses Leitbild gilt für sidekicks schon seit dem Start des Projektes im Jahr 2003. Weitere Projekte in der Primärprävention zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten wurden über das Leitbild informiert und können sich diesem anschließen.
Leitbild der Primärprävention für Männer*, die Sex mit Männer*n haben (M*SM*)
erarbeitet von SP5
Einleitung
Die Primärprävention für schwule, bisexuelle und andere Männer*, die Sex mit Männer*n haben, arbeitet nach den Prinzipien der strukturellen Prävention. Strukturelle Prävention zielt auf eine Verknüpfung von Verhaltens- und Verhältnisprävention ab. Sie ist erforderlich, weil die individuellen Verhaltensmöglichkeiten von Personen stets maßgeblich von ihren Lebensumständen geprägt sind. Der Abbau von gesellschaftlichen und umfeldbedingten Benachteiligungen von M*SM* und die Förderung der Solidargemeinschaft und Emanzipation von schwulen Männer*n stehen somit ebenso im Zentrum der Arbeit.
Vor jeder Infektion stehen das Infektionsrisiko und damit die Aufgabe, ungewollte Neuinfektionen vermeiden zu helfen. Das Prinzip der strukturellen Prävention trägt der Tatsache Rechnung, dass Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention wie Glieder einer Kette ineinander greifen. Je rascher ungewollte Neuinfektionen zunehmen, d.h. je schwächer das erste Glied der Präventionskette ist, umso größer wird die Last, die auf das zweite und dritte Kettenglied einwirkt. Bricht das erste Glied, so droht eine Kettenreaktion der Nachsorgeüberforderung. Deshalb gebührt der Primärprävention der erste Rang.
Die Zielgruppe der M*SM* stellt nach wie vor die Hauptbetroffenengruppe von HIV und AIDS dar. Sie sind diejenigen, die gleichmäßig gefährdet bzw. riskiert sind. Die Mittel der Primärprävention richten sich an alle Erreichbaren, sei es an den realen oder den virtuellen Orten, ungeachtet, ob sie negativ, positiv oder ungetestet sind.
[Der Primärprävention von SP5 liegt zugrunde, dass in den Großstädten Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München die Zahl der HIV-Erstdiagnosen und die Zahl der mit HIV und AIDS lebenden Menschen am höchsten ist, sowie vergleichbare Szenestrukturen vorhanden sind.]
Ziele
Wir wollen die Gesundheit von M*SM* erhalten und fördern. Dies wollen wir erreichen, indem wir die Zielgruppen mit Informationen versorgen, um die individuellen Handlungskompetenzen zu stärken und informierte Entscheidungen zu ermöglichen.
Die Förderung eines nachhaltigen Schutzverhaltens bei M*SM* mit dem Schwerpunkt auf epidemiologisch wichtige Kontaktsituationen (Situationen mit hohem Infektionsrisiko) und die Erhöhung der Motivation von M*SM*, sich vor einer HIV-Infektion und STI zu schützen, ist der Kern unserer Arbeit. Unsere Aufgabe ist es, Raum für eine offene Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Widrigkeiten des persönlichen Risikomanagements zu schaffen, um eine eigene Balance zwischen Selbstschutz- und Selbstverwirklichungsinteressen zu finden.
Haltung
Unsere Handlungen und Interventionen achten stets die Würde des Menschen, sein Recht auf Emanzipation, seine Anonymität und seinen kulturellen Hintergrund. Die Freiheit eines Menschen endet dort, wo er die Freiheit eines anderen einschränkt, die Schwäche eines anderen ausnutzt oder das Vertrauen eines anderen missbraucht.
Selbstbestimmung und somit die Entfaltung persönlicher Potenziale in den Lebensbereichen Sexualität und Gesundheit, werden von uns geachtet. Gesundheit ist für uns mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit, denn wir verstehen diese als selbstbestimmte Verfügung des Einzelnen über seine Lebensumstände.
Lebensweisenakzeptanz beinhaltet, die Differenz von Lebensweisen zu respektieren und offensiv zu nutzen. Unsere Aktionen sind lustbetont, lebensbejahend und nicht moralisierend. Wir wollen überzeugen, nicht bekehren. Wir kontrollieren und sanktionieren nicht und weisen keine Schuld zu.
Arbeitsgrundlagen
Unsere Arbeit verfolgt stets einen partizipativen Ansatz: Die Einbindung von Alltagsexperten in Entscheidungs – und Willensbildungsprozesse . Die Kopplung von ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern steht dabei im Vordergrund [Peer Involvement]. Die Einbeziehung der kommerziellen Szene ist ebenfalls Teil dieses partizipativen Ansatzes.
Schlüssel für eine erfolgreiche primärpräventive Arbeit ist die Personalkommunikation. Unsere Aktionen sind daher darauf angelegt, die Kommunikation innerhalb der Szene zu fördern. Wir wirken durch unsere Präventionsarbeit mit ehrenamtlichen Mitarbeitern über unterschiedliche Multiplikatoren [Peer Education] auf die Zielgruppe ein. Unsere Präventionsmaßnahmen sind längerfristig, breit gefächert und auf Nachhaltigkeit angelegt. Sie orientieren sich an den Bedarf und den Bedürfnissen der Zielgruppe.
Kenntnisse der Lebenswelten von schwulen und bisexuellen Männer*n, Kompetenz bei Gesundheitsthemen, Kreativität und Motivation werden durch die Fachlichkeitund Koordination hauptamtlicher Mitarbeiter gewährleistet. Sie handeln nach professionellen Grundsätzen offen, akzeptierend und reflektierend. Sie leiten und begleiten das ehrenamtliche Team.
Die lokale, landes- und bundesweite Vernetzung mit Partnerorganisationen, Kooperationspartnern und sozialen Trägern unterstützt die breite Streuung von Themen und hilft, zeitnah auf aktuell relevante Ereignisse schnell und zielgerichtet zu reagieren.
Stand: 08.11.2007